Brecht-Puristen kommen bei der Lektüre des Dramas «Koloman Wallisch» nicht zu kurz: Werner Wüthrich, langjähriger BrechtForscher und Schriftsteller mit klassenkämpferischem Elan, hat anhand eines Fragments von Bertolt Brecht ein Theaterstück geschrieben. Dieses Lehrstück soll «Fragen an die Geschichte und Fragen an die Gegenwart» stellen, so Wüthrich in der Einleitung. Das Werk ist in seiner formalen Gestalt dem brechtschen Theater nachempfunden.

Den Stoff entnahm Wüthrich einem fünfseitigen Handlungsplan zu Brechts «Koloman Wallisch Kantate», die erst vor kurzem in Zürich entdeckt wurde. Darin geht es um eine Sequenz des österreichischen Bürgerkriegs vom Februar 1934: Nach einer Revolte des sozialistischen «Republikanischen Schutzbundes» lieferte sich dieser heftige Gefechte mit Regierungstruppen und der rechtsextremen  «Heimwehr». Koloman Wallisch war einer der massgeblichen «Schutzbund»-Anführer. Nach dem Scheitern des Aufstandes wurde er im Zuge eines der berüchtigten Standgerichte hingerichtet. Dieser (Schein-)Prozess bildet die Kernhandlung des Dramas, das Wüthrich mit Rückblenden auf den historischen Verlauf des Aufstandes anreicherte.

Vor allem die engagierte Aus­einandersetzung mit dem Stoff des Aufstands macht das Buch lesenswert – trotz seiner etwas angestaubten literarischen Darstellung. Insbesondere der angefügte Essay mit Erläuterungen zu den Kämpfen und der brechtschen Perspektive darauf liefert eine spannende Geschichtslektion zu einem Ereignis, das in der Schweiz weitgehend unbeachtet blieb.


[Buch]
Werner Wüthrich
«Koloman Wallisch» Drama nach einem Handlungsplan von Bertolt Brecht
228 Seiten
(Studienverlag 2012).
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