Der eine hat rote Haare, der andere trägt eine rote Kappe. Viel mehr an Äusserlichkeiten erfährt man nicht über Fred und Franz, die Protagonisten in Arno Camenischs neuem Buch. «Wie die Leere aushalten, das ist die Kardinalfrage», sagt der Fred zum Franz, als sie auf dem Sessellift festsitzen. Weit mehr als die Leere unter ihnen beschäftigt die beiden aber die Leere ihrer Betten. Fred trauert der Maria nach, Franz der heissblütigen Spanierin Ana.
Beide tun sich schwer mit diesen Verlusten. Franz rettet sich in die Arme der verheirateten Magdalena, Fred schreibt Briefe an Maria. Ihrer Mutter zimmert er einen Hasenkäfig. Franz hat für solche Verzweiflungstaten nur Spott übrig, doch Fred gibt wacker zurück.
Camenisch präsentiert die kauzigen Freunde in 24 Alltagsszenen. Und wie schon in seiner «Bündner Trilogie» lässt er die Figuren reden wie im richtigen Leben: Wortkarg und in träfer Mischung aus Zynismus und Wärme. «Gestern hab ich einen Geist in meiner Wohnung gesehen, sagt der Fred zum Franz. Er stand neben der Waschmaschine. Hast du eine Waschmaschine, fragt der Franz.» Diese Lakonik erinnert an absurde Beckett-Dramen oder die Filme von Aki Kaurismäki. «Sechs Minuten braucht man mit dem Zug von Trun nach Tavanasa, sagt der Fred. Sieben, sagt der Franz. Stimmt, sagt der Fred.»
Auch ohne Romanisch-Bonus ist Arno Camenisch ein literarisches Glanzstück gelungen, das durch Verdichtung und Auslassung überzeugt. «Mit dem Anfang beginnt auch das Ende», sagt der Franz zum Fred. «Und umgekehrt», sagt der Fred.

Lesungen

Do, 20.6., 20.00
Mansarde Stadttheater Bern
Mo, 24.6., 20.00
Kaufleuten Zürich
Mi, 26.6., 20.00
Werkstatt Chur

Arno Camenisch
«Fred und Franz»
80 Seiten
(Engeler 2013).