Abschied und Schmerz durchströmen die Notate von Erika Burkart (1922–2010). Entstanden sind sie zwischen 1996 und 2009, als sie durch ihre Krankheit immer mehr an ihr Haus in Aristau im aargauischen Freiamt gebunden war. «Am östlichen Morgenhimmel habe ich beobachtet, wie sich das Wolkenprofil eines feinen, sehr schönen Mädchens über eine Jünglings-, eine Männer-, eine Frauen-, eine Greisensilhouette innert einigen paar Minuten in einen Totenkopf verwandelte. – Wir sind von solchem Zeug wie das zu Wolken», hält sie etwa aus ihrem Schreibzimmer, in die Wolken schauend, fest.
Ernst Halter hat aus 16 Heften, in denen seine Frau Gedanken und Eindrücke festhielt, eine Auswahl getroffen und die Aphorismen thematisch in 15 Kapitel gegliedert. «Über Erinnerung und Vergessen», «Liebe», «Garten und Landschaft», «Geschöpfe», «Sprache, Schreiben, Kunst» oder «Transzendenz» gehören zu den Themenkomplexen. Halter ist dabei «intuitiv Erika Burkarts Gedanken- und Lebensgang» gefolgt, wie er im Vorwort betont.

Burkarts Gedankenwelt

Entstanden ist ein Einblick in die Gedankenwelt der Dichterin, die als Tochter ­einer Lehrerin und eines alkoholkranken Vaters in ärmlichen ­Verhältnissen lebte. «Eine verletzte Kindheit ist eine in irregulären unberechenbaren Abständen ausbrechende Krankheit», schreibt sie später. Die Aargauerin hat selbst unterrichtet, bis sie durch eine Herzkrankheit kürzertreten musste und sich fortan in ihrem abgelegenen Elternhaus – im Einklang mit der Natur – nur noch ihrer Passion, dem Schreiben, widmete.
Das feenhafte Wesen der zerbrechlichen Schriftstellerin sei oft als Abgehobenheit gedeutet worden, schreibt Halter. «Was Distanziertheit scheinen mochte, war für jemanden, der sie genauer kannte, Menschenscheu und Angst, das Trauma einer bedrohten, verdüsterten Kindheit.» Mit dem berührenden Band eröffnet sich der Leserschaft ein sehr persönlicher Zugang zur Schriftstellerin. 

Erika Burkart
«Am Fenster, wo die Nacht einbricht»
Hrsg.: Ernst Halter
304 Seiten
(Limmat Verlag 2013).