Diese Geschichte ist filmreif: Ein Student geht oft ins Kino. Gerne kritisiert er anschliessend die Filme im Freundeskreis. Ein Kollege sagt: «Mach doch selbst einen Film.» Also besucht der Student in der Abendschule einen Drehbuchkurs. Als er dann tatsächlich einen Spielfilm vorlegt, wird er ans International Shanghai Film Festival geladen und gewinnt den Hauptpreis für den besten Film.

Einen Vertrieb fand er erst nach dem Erfolg in China
Batbayar Chogsom strahlt, wenn er diese Geschichte erzählt: «Aber genau so war es!» Seinen Film «Out Of Paradise» hat der im sanktgallischen Rapperswil lebende Mongole in vierjähriger Arbeit mit Minimal-­Budget gedreht. Mit dem Filmstudenten Simon Bitterli stellte er an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) eine kleine Filmcrew zusammen, mit der er in die Mongolei reiste. «Die Location war so attraktiv, dass die halbe Filmabteilung der ZHdK für mich arbeiten wollte», scherzt er.

Weit schwieriger war es, den fertigen Film zu vermarkten. Die Branche in der Schweiz ignorierte Chogsom. Erst nach seinem Erfolg in China fand er einen Vertrieb und wurde von den Medien entdeckt. Nervt ihn dieses plötzliche Interesse? «Na ja, das gehört wohl zum Job», werweisst der Filmemacher.

«Out Of Paradise» erzählt von einem mongolischen Nomadenpaar, das für einen Spitalbesuch in die Hauptstadt reist und auf das urbane Leben prallt . «Eine universelle Geschichte, die ich irgendwo hätte ansiedeln können», so Batbayar ­Chogsom.­ Doch abgesehen von den attraktiven Locations in der Mongolei ist das Filmen dort günstiger. «Der Film ist bescheiden gemacht, aber doch profes­sionell und hochemotional», sagt er und lacht: «Klingt echt schweizerisch, nicht?» Batbayar Chog­som spricht Dialekt, obwohl er erst seit 2000 in der Schweiz lebt. Er zog nach Zürich, um Sozialwissenschaften zu studieren. Geld verdiente er nebenher als Handwerker und als Archivar. Heute ist er mit einer Schweizerin verheiratet und zweifacher Vater. «Wir Mongolen sind global ausgerichtet», betont der Filmer, der Brüder in den USA und Japan hat. Weitere Geschwister und seine Mutter leben in der Mongolei. Sein Film ist auch eine Reverenz an die Eltern, die als Nomaden  aufwuchsen. Als Kulturvermittler will er sich nur sekundär verstanden wissen. «Mir geht es um die Geschichte, die ich aber authentisch erzähle», sagt er. «Somit gibt der Film auch Einblicke in Leben und Kultur der Mongolei.»

In seiner alten Heimat will Chogsom einmal einen Kostümfilm drehen. Zunächst aber plant er weitere Projekte in Europa. Mit 44 ist ihm klar: «Ich habe meine Berufung gefunden – als Filmemacher und Hausmann.» Und wer weiss, vielleicht verfilmt er ja dereinst die Geschichte dieses Studenten, der oft ins Kino ging.

Out Of Paradise 
Do, 20.9.–Mi, 26.9., 12.15 
Lunchkino Le Paris Zürich
Ab Do, 27.9., im Kino

Batbayar Chogsoms Kulturtipps 

BUCH
Emmanuel Todd: «Traurige Moderne – Eine Geschichte der Menschheit von der Steinzeit bis zum Homo ­Americanus» (2018) «Unterschiedliche Familienmodelle erklären laut dem Autor, weshalb die EU scheitern wird. Als Sozialwissenschafter finde ich den Ansatz interessant.»

CD
Evanescence: «Synthesis» (2017)
«Meine Frau liebt die Gruppe, weshalb auch ich diese CD empfehlen möchte.»

FILM
Greta Gerwig: «Lady Bird» (2017)
«Das Regiedebüt von Schauspielerin Greta Gerwig: Der Film ist etwas episodenhaft und die Szenen sind manchmal zu kurz, aber er hat Charme und gut dosierten Humor.»