Als John Lennon und Yoko Ono 1969 in ihrem Flitterwochen-­Bett den Protestsong «Give Peace A Chance» sangen, luden sie die Medien dazu ein. Die ganze Welt schaute hin und behielt diese Szene Jahrzehnte in Erinnerung. Als der Franzose JB Bullet 2015 nur Stunden nach dem Attentat auf die Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» seinen Song «Je suis Charlie» ins Internet stellte, wurde dieser zwar millionenfach geliked, ging nach Tagen aber wieder vergessen.

Birgit Herdlitschke zeigt in ihrem Dokfilm «Give Peace A Chance» die Entwicklung des popmusikalischen Protestsongs auf und stellt im Untertitel die Frage: «Kann Pop die Welt retten?» Sie beginnt mit Billie Holiday, die 1938 in einem New Yorker Club das Publikum mit dem Song «Strange Fruit» über die Lynchmorde an Schwarzen in den US-Südstaaten aufrüttelte. Anhand weiterer Exponenten wie Folksänger Woody Guthrie oder Joan Baez, der britischen Punkband The Clash oder deutschen Gruppen wie die Toten Hosen spannt Herdlitschke den Bogen vom hippiebunten «Love & Peace» bis zum zornig-verängstigten Anti-AKW-Slogan. 

Geistreiche Fragen,die nachhallen
Die klangvollen und bildstarken Zeitdokumente ergänzt die Filmemacherin mit Erinnerungen, Kommentaren und Analysen von Zeitzeugen. Auch hier spannt sie einen weiten Bogen von Folkikone Bob Dylan über Popaktivist Bob Geldof oder Politiker Daniel Cohn-Bendit bis hin zum Berliner Techno-DJ Westbam. Die geistreichsten Statements gibt Element-of-­Crime-Sänger und Romancier Sven Regener ab. Der Berliner stellt Fragen, die nachhallen, weil sie die Bedeutung von Protestsongs relativieren. Zu jeder Zeit seit Billie Holiday nämlich schwankten politische Popsongs zwischen Engagement und Eskapismus. Nur wenige schafften es, wirklich etwas zu verändern. Die meisten blieben Sound­tracks von Zeitgeist-Bewegungen.

Give Peace A Chance
Regie: Birgit Herdlitschke
Fr, 14.4., 21.45 Arte