Man nannte ihn Bilderzauberer, fantastischen Fabulierer, Weltenerfinder. Federico Fellini schuf mit seinen Filmen ein ureigenes Universum der totalen künstlerischen Künstlichkeit. Realismus interessierte ihn nicht; die Realität aber schon, wobei er eigentlich auf eine Art Überwirklichkeit abzielte. Fellini verband wie kein Zweiter das künstlerisch Hochstehende mit dem Populären in seinem klassisch gewordenen Kino. Er habe sich das Filmemachen als Lebensaufgabe nicht ausgesucht, sagte er einmal – «Das Kino hat mich erwählt.» Seine Arbeit und sein Leben waren quasi deckungsgleich. Fellini ging gar so weit, zu erklären: «Ich bin ein Film.» Unverkennbar und unvergesslich bleiben die Filmmelodien. Hauskomponist Nino Rota hat während gut drei Jahrzehnten die Musik zu 17 Fellini-Filmen geschrieben.
Erinnerungen in starke Filmbilder verpackt
Geblieben sind Begriffe, die in die Alltagssprache eingegangen sind, etwa der Filmtitel «La dolce vita» oder die Bezeichnung für aufdringliche Fotografen, der Fellini-Figur Paparazzo entlehnt. Ebenso zum Begriff wurde der Name von Anthony Quinns Rolle in «La strada»: Zampano.
Der Oscar-gekrönte Film «Amarcord» (1973) ist ganz typisch und gleichzeitig einer seiner besten Filme. Hier verbindet sich das Lebensheitere mit dem Melancholischen. «Wie wenn man in einem alten Fotoalbum blättert. Bilder, Augenblicke. Kein Held.» So beschrieb Federico Fellini diesen Film. Er ist prallvoll mit schrulligen Figuren, die eine Provinzstadt am Meer bevölkern. Zum kuriosen Personal gehören etwa der Narr, die Hure Volpina, die füllige Tabakhändlerin, der Onkel auf dem Baum, ein Emir mit Harem auf Besuch im Grand Hotel, die Lehrpersonen und die Stadtschöne Gradisca.
«Amarcord» entfaltet in zahlreichen Episoden über ein Jahr hinweg ein Panorama aus den 1930ern. Darin der halbwüchsige Titta als zentrale Figur, unverkennbar ein Alter Ego des jungen Fellini. Auch wenn der Regisseur selber stets betonte, er sei «ein Lügner», alle seine Filmgeschichten seien erfunden – dann ist das auch gelogen, denn gerade ein Film wie «Amarcord» ist stark von Fellinis Autobiografie beeinflusst. «Ich mache Filme, weil es mir Spass macht, Lügen zu erzählen, Märchen zu erfinden und von den Dingen zu berichten, die ich gesehen habe, und von den Leuten, die ich getroffen habe. Mir macht es Spass, vor allem von mir selber zu erzählen», sagte Fellini.
So passt der Filmtitel «Amarcord» bestens. Er stammt aus dem romagnolischen Dialekt («me a m’accord» – «Ich erinnere mich»). Federico Fellini verwandelte seine Erinnerungen in grosse Filmkunst, an die man sich gerne erinnert.
Fernsehen
La strada
Italien 1954
Sa, 18.1., 20.15 3sat
Auf den Spuren Fellinis
Regie: Gérald Morin
CH 2013
Sa, 18.1., 22.00 3sat
Hörspiel
Die Reise des Giuseppe Mastorna
Nach dem unverfilmten Drehbuch von Federico Fellini, Dino Buzzati, Brunello Rondo, Bernardino Zapponi, WDR 2006
Sa, 25.1., 15.05 BR 2
DVD
Amarcord
Regie: Federico Fellini
Italien 1973
DVD, 118 Minuten
(Warner Home 2005)