Während des Studiums in Moskau verdiente sich Wladimir Kaminer sein Geld als Discjockey. Wenige Monate vor der Wende im Oktober 1990 erhielt er Asyl in der DDR und wohnt seitdem in Berlin Prenzlauer Berg. Das Musik- und Partymachen führte  er dort fort und gründete die legendäre Russendisko im Berliner Kaffee Burger. Eine Tanzfete, bei der ein wilder Mix aus guter und unfassbar schlechter russischer Popmusik für Stimmung sorgt. «Denn wenn die DJs irgendwann vor dem Musikgott (…) stehen, wird er sie fragen: ‹Habt ihr da unten richtig auf den Putz gehauen?›». So jedenfalls stellt sich Kaminer, der «privat Russe», beruflich aber längst ein bekannter deutscher Schriftsteller ist, das jüngste Gericht in seinem Buch «Karaoke» vor. 

Dieses Potpourri aus Geschichten über die russische Rock- und Popkultur und deren zweischneidige Beziehung zum Kapitalismus ist die Fortsetzung des bekannten Erzählbands «Russendisko». Im Vorwort zu diesem «Handbuch eines DJs» bekennt der Autor: «Manche Seiten entstanden zwischen Bierkisten und Weinkartons, wenn ich mir während der Disko eine Pause gönnte. Deswegen hat dieser Text keinen Anfang und kein richtiges Ende.» Dafür sind die Geschichten umso witziger und voll trockener Ironie. 

Kaminer will ein neues Russenbild in den Westen bringen: «Nicht jeder Russe ist ein Wodka trinkender Bärentänzer», bekräftigt er im Interview mit 3sat. Für das Fernsehen reist Kaminer nun zum zweiten Mal in fünf deutsche Regionen – vom Allgäu über Thüringen nach Nordfriesland – und trifft in den Provinzen allerlei Kulturschaffende. Vielleicht trägt das zu einem neuen Bild der Deutschen in Russland bei – massiv verbessert wurde dieses laut Kaminer nämlich zuletzt durch eine Band: «Alt und Jung, in Russland finden alle Rammstein gut.»    

Buch
Wladimir Kaminer
«Karaoke» 
Erstausgabe: 2005
Heute erhältlich im Goldmann Verlag.