Eigentlich müsste er gar nicht mehr aus dem Haus, denn alle kommen zu ihm. Seit Jahren lebt und arbeitet Hermeto Pascoal in einer offenen Musikerkommune in Brasilien: Offen für interessierte Musikschaffende, die sich mit seinem prozesshaft-experimentellen Arbeiten auseinandersetzen wollen. Offen auch für jegliche Phänomene klanglich-musikalischer Art. Für seine brasilianischen Kollegen und Anhänger ist Pascoal «o Bruxo», der Hexenmeister. Miles Davis zählte ihn zu seinen wichtisten Inspiratoren.
Die Attribute, die dem heute 76-jährigen Albino aus dem nordostbrasilianischen Alagoas anhaften, mögen klischiert klingen. Doch Pascoals Beitrag zur neueren Musikgeschichte ist immens. Als Autodidakt, der mit Akkordeon und Flöte begann und sich auf seinem Weg über Recife und Rio nach New York zum Multiinstrumentalisten, Komponisten und Bandleader entwickelte, hat Hermeto Pascoal Musik und Musiker seit den 60er-Jahren geprägt, ja elektrisiert. Er zelebriert Klangorgien, in denen er Folklore mit Freejazz, Salonmusik mit Elektronika verquirlt und das Ganze mit Geräuschfetzen durchsetzt. Was Jazzkomponist Joe Zawinul oder Kult-Arrangeur Gil Evans zum Staunen brachte, hat seine Kraft und Wirkung bis heute nicht verloren.
Zu den wichtigsten seiner zahlreichen Alben gehört «A música livre de Hermeto Pascoal». Es erschien 1973 zu Zeiten der brasilianischen Militärdiktatur und wurde zum Symbol der Gegenkultur. Pascoal gastierte einige Male in der Schweiz. Sein Montreux-Konzert 1979 legte er als Live-LP vor, und 2000 bescherte er dem Zürcher Jazznojazz Festival einen fulminanten Auftritt. Nun kehrt der Meister nochmals zurück.