Ein Mann, geboren 1906, denkt zurück an die Nahrungsknappheit, die er 1917 miterlebt hat; dar­an, wie sie in der Schule lernten, Tomaten zu essen, und wie er vom Geschmack der sogenannten «Paradeisäppel» enttäuscht war. Eine jüngere Frau, die am 11. September 2001 in New York lebte, erinnert sich an das dumpfe Donnern der Jets und an den Geruch von Asche, der tagelang über der Stadt hing. Geschichte hautnah, vom Ersten Weltkrieg bis in die Gegenwart; so persönlich, wie es selten ein Geschichtsbuch zu vermitteln vermag. Dies bietet das neu lancierte multimediale Projekt «Gedächtnis der Nation (GdN)», das im Stil der «Oral History» Erinnerungen von Zeitzeugen an die (deutsche) Geschichte in Videointerviews veranschaulicht. Die Initiatoren des ambitionierten Vorhabens sind Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Chefredak­tion «Stern», und Guido Knopp, Leiter der ZDF-Redaktion.
Auf der Website sind rund 1600 Zeitzeugen-Interviews aus dem ZDF-Bestand kostenlos abrufbar. Seit Anfang Oktober tourt zudem ein «Jahrhundertbus» durch Deutschland, um ausgewählte Zeitzeugen zu befragen und das Archiv stetig zu erweitern. «Eine Flut von Anfragen», habe die Redaktion seit dem Start erreicht, wie Jörg von Bilavsky, GdN-Geschäftsführer, sagt. Der Bus sei meist sehr gut besucht, nach Abschluss sei mit rund 200 Interviews zu rechnen. Im nächsten Jahr wird die Tour fortgesetzt.
Geordnet sind die Videos sowohl chronologisch als auch nach Themen, voraus geht ihnen ein Einführungsfilm mit den historischen Fakten. Ergänzt wird das Archiv durch prominente Jahrhundertzeugen wie Marcel Reich-Ranicki, Helmut Kohl oder Liselotte Pulver, die in einstündigen Interviews von ihren Erinnerungen berichten.