Der «Literaturclub» von SF 1 erlebte eine kleine Premiere: Erstmals stellte einer ein Buch vor, das er «selbst nicht ganz verstanden habe». Der neue Moderator Stefan Zweifel empfahl den Essayband des verstorbenen französischen Philosophen Maurice Blanchot zur Lektüre, «auch wenn dessen Ausführungen etwa über Heidegger streckenweise sehr schwer verständlich sind».

Chapeau! Stefan Zweifel spricht mit diesem Bekenntnis jedem engagierten Leser aus der Seele. Wer hat sich noch nie gesagt, ist ja ganz interessant, was hier geschrieben steht, aber leider, leider verstehe ich das nicht? Gewiss, gewiss, das ist Zweifels anti-intellektuelle Masche, aber trotzdem irgendwie sympathisch.

Der «Literaturclub» von SF 1 darf keine Selbstbeweihräucherungsrunde einiger gescheiter Kritiker sein. Sondern er soll beim Publikum die Lust aufs Lesen wecken: Mit einer einfachen Sprache in der Debatte und einer breiten Auswahl von Büchern – von leichter und anspruchsvoller Lektüre. In diesem Sinn ist der «Literaturclub» nach der ersten Sendung mit Zweifel auf dem richtigen Weg. Allerdings war ­die Auswahl der besprochenen ­Autoren mit drei US-Amerikanern sowie Alain Claude Sulzer als Quotenschweizer ziemlich einseitig.


Reizvolles Gerangel

Die Diskussionen in der Runde blieben stets nachvollziehbar verständlich. Und es zeigten sich, das macht die Sendung ja reizvoll, kleine Hierarchiegerangel. So widersprach die frühere «Literaturclub»-Moderatorin und jetzige Kritikerin Elke Heidenreich oft ihrem jungen Nachfolger Zweifel.

Und sie erinnerte ihn schon vor der Aufzeichnung der Sendung spitz: «Als ich das mal moderierte, da waren Sie gerade fünf Jahre alt.» Das war zwar übertrieben, und wahrscheinlich war er in den 90ern des Lesens schon kundig. So wie jetzt – auch wenn er nicht alles versteht.