Sommer – Sonne – Meer! Diese Ferienlosung treibt jeweils Heerscharen von Nord- und Binnenländern an die Küsten Südeuropas. Für Patric Marino bedeuten solche Reisen mehr als Erholung und Tapetenwechsel. Wenn der 23-jährige Berner seine «Nonni», seine Grosseltern, in Kalabrien besucht, sind das auch Reisen in die familiäre Vergangenheit – und mitunter emotional aufwühlend.

So erzählt der Nonno in Marinos Debüt «Nonno spricht» jeden Tag von seiner Kindheit, die geprägt war von Entbehrungen. Die Nonna fährt ihm dann übers Maul und setzt dem Enkel aus der Schweiz eine extra deftige Portion Pasta vor.

Farben und Gerüche Essend, redend, schauend, dösend verbringt der im Buch 19-Jährige die Zeit bei seinen Nonni. Einem Kind gleich, das die prallen Tomaten kostet, das die knackigen Nespole vom Baum pflückt, das über den Zaun zum Nachbarmädchen linst und mit dem Gummidrachen ins Meer hin­aus schwimmt.

Marinos Büchlein ist ein glitzerndes Sommergemälde. Ein Reisebericht auch zurück in die Kindheit mit ihren Farben, Gerüchen und ungefähren Gefühlen. In der Machart erinnert es an Arno Camenischs «Hinter dem Bahnhof». Wie dieser erzählt Marino episodenhaft bildgewaltige Miniaturen. Weniger sprachverspielt, aber voller Zärtlichkeit, Witz und Wehmut. Der kurze Lesespass ist so nachhaltig wie Nonnas Pesto, die der Nonno dem Enkel ins Reisegepäck steckt: «Für zu Hause», sagt er. «Wenn du zu Hause den Pesto zu den Spaghetti gibst, riecht es wie hier.»


[Buch]
Patric Marino
«Nonno spricht»
80 Seiten
(Lokwort 2012).
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