Mit kulinarischen und erotischen Eskapaden waren die Krimis rund um Simon Tanner schon immer gewürzt. Das ist im fünften Fall nicht anders, in dem sich der Ermittler inkognito in ein Schweizer Mädcheninternat einschleust, um drei mysteriöse Selbstmord-Fälle aufzuklären. Er gibt sich als Stellvertreter des Kochs aus und überzeugt mit seinen regionalen Köstlichkeiten. Besonderen Gefallen findet die Reinigungsfrau Ljuli am neuen Kollegen. Auch die strenge, über 70-jährige Internatsleiterin Madame de Klerk, mit dem Aussehen eines 40-jährigen Filmstars, gewährt dem neuen Koch intime Einblicke in ihre Suite. 

Trotz Ablenkungen vergisst Tanner nicht, sich um seinen Fall zu kümmern. Denn es liegt auf der Hand, dass etwas faul ist im Internat – spätestens, als der Gärtner spurlos verschwindet und der Chefkoch tot im Bootshaus hängt. Der Direktor Willem de Klerk, Sohn der Internatsleiterin, weilt derweil an einem Kongress weit weg in Schweden und kümmert sich um nichts. Auch auf der gegenüberliegenden Insel gehen seltsame Dinge vor sich. Bei einem nächtlichen Ausflug entdeckt Tanner, dass der Direktor hier seiner Passion für Schnecken frönt. Für das wissenschaftliche Labor und insbesondere für den Schneckenschleim scheinen sich aber auch zwielichtige Gestalten zu interessieren … 

Die kleine Insel existiert übrigens tatsächlich: Sie ist als Schnäggeninseli im Brienzersee bekannt. Ihren Namen soll sie von den Mönchen des Klosters Interlaken erhalten haben, die hier laut einer Legende eine Schneckenzucht betrieben hatten. Mit seinem fünften Tanner-Roman legt der Basler Autor und Theater-Regisseur Urs Schaub einen unterhaltsamen, gut gebauten Krimi vor, der sich in einem Zug durchlesen lässt und Lust auf Kochereien macht. Was es mit dem Schneckenschleim auf sich hat, und warum die alte Madame so taufrisch aussieht, sei an dieser Stelle nicht verraten.

Buch
Urs Schaub
«Die Schneckeninsel»
280 Seiten
(Limmat 2016).