Im Jahr 1975 war das Haar noch lang und der Blick voller revolutionärer Entschlossenheit: Damals spielte Maurizio Pollini Frédéric Chopins 24 Préludes erstmals ein. 37 Jahre später tut er es wieder – durchdachter als je zuvor. Fast erschreckend, wie zerbrechlich er mit den ersten zwei Pré­ludes startet. Doch der dunkle Grundton, dieser melancholische Altersblick, bleibt bestehen.

Die «Allegro Moltos» sind still bewegt, die «Lentos» von fahlem Licht umschimmert: Umso unheimlicher, wie Pollini im «Regentropfen»-Prélude nicht von feuchter Trübnis, sondern von der Sonne danach kündet. Eine analytische Genauigkeit zieht sich durch alle 24 Stücke hindurch, und da herrscht eine Schonungslosigkeit, die den Hörer etwa nach dem Schlusston in «Préludes 4» in den Abgrund stürzen lässt.


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Frédéric Chopin
Maurizio Pollini
24 Préludes
(Deutsche
Grammophon 2012).
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