Am jüngst erschienenen Sammelband «Die Zäsur. Beobachtungen und Bedenken in Zeiten der Pandemie» sind 52 Autorinnen und Autoren beteiligt, darunter der in Biel lebende Ostschweizer Michael Stauffer. Der 48-jährige Poet hat sich über die «schwankende Gegenwart», sprich Corona-Zeit, einen Reim gemacht.
Stauffer hat seinen Text vertont und zum Hörspiel gestaltet. «Update für Amöben» ist eine Wort-Sound-Session. In Mundart spricht Stauffer als Autor selber – Adrien Oggier, Wolfgang Zwiauer und Kevin Chesham grundieren das Gesprochene mit groovigem Jazz.
«Zwei Monate Koma für die ganze Gesellschaft»
Mit seinem Stück gewinnt Stauffer dem Irrsinn der Zeit die eigene Betroffenheit in Form eines Audio-Kunststücks ab. In seinem hastigen Sprechtext in Ich-Form zweifelt Stauffer, er fragt, spottet, er meint es ernst und scherzt: «Es hed niemer gwüsst: Was macht mer mit dem Ganze?» Bald die vage Erkenntnis: «Aha, das isch jetzt das neue Ding!»
Die Rede ist von Menschen, die «im mentalen Lockdown stecken bleiben». Alarmismus macht sich unter anderem breit, wie es im Mundart-Hochdeutsch-Mix heisst: «Jetz muess man sofort handeln – handlen.» Es bleibt letztlich «eine Gesellschaft mit grossen Fragezeichen». Lockdown ist anders ausgedrückt bei Stauffer «zwei Monate Koma für die ganze Gesellschaft». Er lernt als Regel fürs Auswärts-Essen dies: «Man muss in die rechte Ellenbeuge rülpsen.» Und nicht vergessen, «beim Furzen zwei Meter Abstand zu halten».
Zu den Lockdown-Hörspielen passt die aktuelle deutsche Produktion «Taumel», die von Autor Hannes Weiler und dem Kollektiv DeliriousProductions aus Jena realisiert wurde. Entstanden ebenfalls in Pandemie-Zeiten steht ein Schriftsteller im Zentrum. Er ist auf der Suche nach einer neuen Sprache für den Ausnahmezustand.
«Kurze Geschichten zur langen Pandemie»: So lautet die Podcast-Ausschreibung von SRF, bei der akustische Erzählformen gesucht wurden. Es sollten Kürzest-Beiträge entstehen, mit dem Ziel, die aussergewöhnliche Situation in Text und Ton zu spiegeln. Formal und stilistisch durfte alles offenbleiben. Eine Bedingung war, dass die Schreiber mit Kulturmenschen wie Schauspielerinnen oder Musikern zusammenspannen und jedes Team sich aus mindestens drei Mitgliedern aus mindestens zwei verschiedenen Kunstgattungen zusammensetzt.
Eingereicht wurden insgesamt 168 Geschichten, von denen zehn für eine Realisierung juriert wurden. Eine Auswahl davon ist im Rahmen der «Lockdown-Reflexionen» zu hören, alle zehn werden bei SRF als Podcast aufgeschaltet.
Hörspiele
Lockdown-Reflexionen
Update für Amöben
Von Michael Stauffer
Taumel
Von Hannes Weiler/DeliriousProductions
Kurze Geschichten zur langen Pandemie
Von Zita Bernet, Jens Nielsen, Milena Mayordomo, Maya Olah u.a.
Sa, 9.1., 20.00 Radio SRF 2 Kultur
Podcast: www.srf.ch/audio