Sie wohnen im gleichen (Abbruch-)Haus. Hier begegnen sich Victoria (Marie Thérèse Escribano) und Dorian (Wolfram Berger): Ein Schneesturm tobt draussen, im Haus fällt der Strom aus, und Dorian landet auf der falschen Etage. Der falsche Schlüssel im falschen Schloss ist abgebrochen, und er möchte bei ihr den Schlüsseldienst anrufen. So gerät er in die Wohnung von Victoria.

Der Glanz ist vorbei

Dorian kennt Victoria bestens. Der frühere Musikprofessor hat viel über die alte Operngrösse geschrieben und gar eine Biografie angefangen. Er und sie erinnern sich. Aber Victoria hat zusehends Mühe mit dem Gedächtnis («Ich erinnere mich nicht»). Mal duzt sie ihn vertraulich, dann wechselt sie wieder zum distanzierten Sie.

Erinnerungen trügen, und mehr als einmal vermischen sich Tatsachen und Einbildung. Eine Methode gegen das Vergessen ginge so: «Wenn Sie mir erzählen, was Sie über mich wissen – vielleicht erinnere ich mich.» Victoria bildet sich sogar ein, ihr Gegenüber sei ein Geliebter gewesen. Sie erfindet Kinder, die sie trotz fünf Ehen nie hatte. Aber eben: «Ich bin eine dumme alte Frau. Mein Gedächtnis ist ein durchgerissenes Sofa.»

Auch Dorian hat seine Geschichte. Damals in der DDR, ein Geliebter («Niemand wusste von meiner Veranlagung») und die Trennung. Auch Dorian ist allein: «Es gibt niemanden, an den ich mich erinnern wollen würde.»

Der Glanz des einstigen Lebens dieser beiden Menschen ist längst verblichen. So bleiben die Erinnerungen bruchstückhaft und getrübt. Und Verdis «Aida»: «Là si schiude un ciel d’amor …»

Glüht ein Stern in alter Haut
Von Holger Siemann
Musik: Jürg Kienberger
Regie: Margret Nonhoff
Fr, 30.1., 20.03 Radio SRF 1