Roger Willemsen (1955–2016) war nicht nur ein Universalgelehrter, begnadeter Erzähler und TV-Moderator. Der Publizist aus Hamburg gehörte auch zu der aussterbenden Spezies der Reiseschriftsteller. Er hat literarische Reportagen über Italien, das US-Gefängnis Guantánamo auf Kuba, seine Heimat Deutschland oder die Sammlung «Die Enden der Welt» hinterlassen. 2006 bereiste er Afghanistan, das nach 25 Jahren Krieg endlich den Duft des Friedens erahnte. Dank seiner einheimischen Freundin Nadja kam er mit den Menschen in Kontakt, beschrieb deren Lebenswelt und die neu erlangte Freiheit. Wie immer in seinen Reisebüchern sinnierte er aber auch über das Reisen an sich und spannte Bögen zu Vorbildern wie Lord Byron, Bruce Chatwin oder Nicolas Bouvier. Matthias Brandt schafft es, Roger Willemsens hochpoetischem Ton, der oft sanft ins Ironische gleitet, sowie dessen anspielungsreicher Dichte eine adäquat getragene, warme Stimme zu leihen.

Roger Willemsen
Afghanische Reise Gelesen von Matthias Brandt
373 Minuten (Tacheles 2022)