HannaH Walter kommt aus Kleve, dem westlichen Zipfel von Nordrhein-Westfalen. Als Jungstudentin pendelte sie zwischen Kleve, Düsseldorf und Köln und ging dann nach Berlin und Paris, um klassische Violine zu studieren. Die Neue Musik war fester Teil ihres Spiels, und so zog es sie nach Basel ans Studio für zeitgenössische Musik. Seit zwei Jahren lebt sie in Biel – und war währenddessen als
Stipendiatin des Frankfurter
Ensemble Modern tätig. «Ja, ich bin schon ganz gut rumgekommen», lacht sie im Gespräch.
«An Biel mag ich, dass es zweisprachig ist. In meinem Auslandsjahr in Paris habe ich Spanisch und Französisch gesprochen. Im Mix von Sprachkulturen fühle ich mich wohl.» Sie möchte auch Mundart lernen – «Bielerdütsch natürlich!»
Mit ihrem Kollektiv Mycelium strebt sie Kollaborationen an, die über Musik hinausgehen. Auch Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur sollen in die künstlerischen Aktivitäten integriert werden. Mit diesem Kollektiv und ihrem Trio Triplet, mit dem sie in erster Linie klassisches Repertoire pflegt, wird sie im September am Swiss Chamber Music Festival in Adelboden auftreten. Die Beteiligten gehen der Frage nach, was musikalische Heimat bedeutet. Während das Trio Stücke von Mozart über Piazzolla bis Bartók interpretiert, dekomponiert Robert
Torche die Musik live in einem Megamix mit elektronischen Samples aus Volksmusik, Mundart-Rock oder Hip-Hop.
Diese reizvolle Zusammensetzung der Disziplinen interessiert die junge Musikerin: «Den Austausch erweitern wir auf das
Publikum. Wir lassen die Zuschauer Postkarten schreiben und mischen dann die Absender und die Empfänger.» Wenige Tage nach dem Konzert werden die Besucher also Eindrücke aus dem Publikum im Briefkasten finden. Das Konzert in Adelboden gliedert sich in drei dramaturgisch unterschiedliche Teile: «Der Anfang ist sozusagen gelenkt, dann folgen einzelne Stationen, wo man herumgehen kann. Der letzte Teil ist eine Art Installation, in der es auch um Partizipation geht.»
HannaH Walter verkörpert mit ihrem Ansatz des interdisziplinären Kollektivs eine junge, neugierige Generation von Künstlerinnen. «Ich habe sehr viel Energie und liebe es, viel zu tun. Ich lasse mich schnell begeistern – auch wenn ich mich manchmal an der Grenze des Machbaren bewege.» Ein Vorzug des Kollektivs sei, dass die Verantwortung geteilt werde. Und: «Freundschaft und Arbeit gehen immer Hand in Hand.»
HannaH Walters Kulturtipps
Buch / Lesung
Dominic Oppliger: «acht schtumpfo züri empfernt» (2018)
«Mit dieser Novelle traue ich mich zum ersten Mal an Mundartliteratur heran. Am besten hört man den Text von Dominic gelesen, begleitet von Saxofonist Antoine Chessex.»
Konzertlesung: Do, 25.10., 19.00 sogar theater Zürich
Comic
Marc-Antoine Mathieu: «Richtung» (Reprodukt 2015)
«Ein Comic ohne Worte und mein Wegbegleiter in Schwarz-Weiss. Marc-Antoine Mathieu arbeitet nur mit einem Pfeil.»
Vinyl
UFO: «III» (2017)
«Die zweite Platte des Improvisationstrios UFO ist ein Hybrid aus Live-Performance und Komposition.» (auch digital erhältlich: atreeinafieldrecords.com)
Konzerte
Musikfestival Bern
Fr, 7.9., 20.45 Dampfzentrale Kesselhaus Bern
Musikdorf Ernen Sa, 15.9., 20.00 Mehrzweckhalle Ernen VS
Swiss Chamber Music Festival So, 16.9., 11.00 Sportarena Adelboden BE
www.swisschambermusicfestival.ch