«Ich muss mir einen Weg durch den Hass bahnen.» Das sagt Suzanne. Sie ist die Enkelin von Reveka und Zacharias. Die beiden Alten verstehen sich gar nicht mehr. Einst hatten sie sich geliebt, hatten Familie und ein gemeinsames Leben. Jetzt aber «hassen sie einander mit nicht nachlassender Leidenschaft, seit Jahrzehnten. Wie Hornissen, die sich an jede Kränkung erinnern, die ihnen ein Feind zugefügt hat». Suzanne macht es sich zur Aufgabe, die beiden wieder zusammenzubringen. Ein heikles Unterfangen, schier aussichtslos. Reveka zeigt sich ziemlich unversöhnlich, und Zacharias scheint nicht mehr allzu viel mitzubekommen («knapp vor der Demenz»).

Was war geschehen? Die beiden flüchteten während des Kriegs von Frankreich in die  Schweiz, sie als ungarische Jüdin, er als «Schweizer Jude mit blauen Augen – er hielt sich für Clark Gable» (Reveka). Sie wurden 1942 interniert, er im luzernischen Wauwilermoos, sie bei Bremgarten AG. Nach Kriegsende folgten die Heirat und das fatale Dolmetscher-Mandat für Zacharias bei den Nürnberger Prozessen: Er musste die Aussagen von Reichsmarschall Hermann Göring live übersetzen. Daher scheint sein Trauma zu stammen.

Autor und Regisseur David Zane Mairowitz erzählt aus wechselnden Perspektiven und in beiden Zeiten: Im Gestern und Heute spielen die Dialoge und Szenen mit den beiden Hauptfiguren als junge und als alte Menschen.
«Erinnerungen sollten euch doch verbinden», sagt die Enkelin. «Stattdessen ein Hornissengedächtnis voller Missgunst und Rache.»    

Hornissengedächtnis
Autor, Regie: David Zane Mairowitz
Fr, 24.4., 20.03 Radio SRF 1