«Wohin geht die Reise?», heisst es ganz am Anfang. Der Film zeigt, wie sich Zürich, die Welt, die Menschen verändert haben, welchen Reim sich der Regisseur in seiner Selbstbefragung über sich und über die Dinge um ihn herum macht.
Man hört Statements von Haupts Kindern, seinen Eltern, von Freunden, darunter Polit-Prominente wie Jacqueline Badran und Flavia Steiner von Operatio Libero. Dezidierte Sätze über Flucht und Exil erfährt man vom afghanischen Flüchtling Muzafar Shafai, der nicht an Gott glauben kann.
Als veritable Kinderphilosophin entpuppt sich Haupts jüngste Tochter Thalia, die im Alter von sieben bis elf Jahren vor der Kamera räsoniert, zum Vergehen der Zeit, zur Wahrnehmung von Veränderung («nie mehr wird alles gleich sein»). Stefan Haupts eigene Haltung im Kommentartext, gesprochen von Hanspeter Müller-Drossaart, bleibt wie der ganze Film bewusst zweifelnd, unausgewogen, widersprüchlich: «Hier gehöre ich dazu. Gehöre ich dazu?»
Philosophisches, Politisches und Privates
Angesichts der Finanzkrise 2008, zu der er einst einen Film machen wollte, aber nicht realisierte, bekennt Haupt, er habe nicht verstanden, was da vor sich ging. Und heute: «Ich verstehe sie nicht, diese Welt.» Der Film wechselt zwischen vielen Worten mit Bildern immer wieder zu Stimmungen und Atmosphären aus der Stadt: das Lichtermeer von Zürich bei Nacht, Kamerafahrten an Stadtlandschaften vorbei, idyllische Orte, Wasser, Grün.
Haupt schreibt im Begleittext zum Film, dieser wolle «Spiegelbild sein einer irritierenden, bedrohlichen, emotionsgeladenen und auch äusserst lebendigen, spannenden Zeit, beschränkt auf diesen Lebensraum, den ich am besten kenne: Zürich, meine Heimatstadt».
Es steckt vieles im «Zürcher Tagebuch»: Philosophisches, Politisches, Privates, Poetisches. Insgesamt umspannt der Film den Zeitraum zwischen Januar 2016 und März 2020, bis zu Corona.
Zürcher Tagebuch
Regie: Stefan Haupt
Ab Do, 5.11., im Kino