Kurz und klar, prägnant, aber poetisch: So klingt die Sprache von Klaus Merz. Oft überdenke er einzelne Wörter stundenlang, erzählte er vor Jahren im Gespräch. In karger Schönheit erscheinen auch die Bücher des Aargauer Dichters, der kürzlich 75 geworden ist. Der Innsbrucker Haymon Verlag gestaltet sie mit monochromen Umschlägen und bestückt mit Illustrationen des Berner Malers Heinz Egger.

Die Erzählung «Im Schläfengebiet» ist erstmals 1994 im Band «Am Fuss des Kamels» erschienen, mit dem Merz endgültig zum gefeierten ­Autor wurde. Nicht nur deshalb wird er sie nun, auf Einladung des Verlags, als Geburtstagsedition ausgewählt haben. «Im Schläfengebiet» steht in mehrfacher Weise für sein Schreiben. Mit Sätzen, die in ihrer rhythmischen Klarheit wie Kurzgedichte funkeln. So schreibt er über die Hauptfigur Walter, die an Epilepsie leidet: «Wenn in seinem Innern eine Hitze entsteht, ein helles Feuer, von dem er sich nicht schützen kann, kommt es ihm manchmal vor, als ginge er auch sommers auf dünnem Eis.»

Walter, auch dies typisch Merz, ist die Fiktionalisierung seines Vaters. Auch Kurt Merz litt an «Fallsucht», begleitet von einem Druck in den Schläfen, und unternahm lange Wanderungen durch das Wynen- und Seetal. Diese Landschaften prägen die Bücher von Merz wie auch sein eigenes Leben. In der unaufgeregten, aber eindringlichen Weise, wie er «kleine» Geschichten seines Lebens zu grossen, exemplarischen macht, liegt der Zauber seiner Kurzprosa und Lyrik. Die Germanistin Bea­trice von Matt beschreibt dies in ihrem Nachwort der Neuausgabe als «schwebendes Spiel, das bei ­allen, die es lesen, eigene Erfahrungen weckt». Es lohnt sich, Merz zu lesen und wiederzu­lesen.

Buch
Klaus Merz
Im Schläfengebiet
Nachwort von ­Beatrice von Matt
45 Seiten
(Haymon 2020)