Wie es sich wohl für einen Menschen Mitte des 15. Jahrhunderts anfühlte, zum ersten Mal ein Werk von Stefan Lochner zu betrachten? Gereons Rüstung in seinem dreigeteilten Gemälde «Altar der Stadtpatrone» wirkt, als könne man sie anfassen. Erschreckend echt erscheinen auch die Felle der Monster, die in seinem «Weltgericht» die Verdammten in die Hölle schleifen. Vielleicht lässt sich die Erfahrung mit unserem ersten Blick durch die Virtual-Reality-Brille vergleichen: diese Lebendigkeit!

Kunst und Künstler der Gotik sind heute den wenigsten geläufig. Deshalb macht sich Regisseurin Grit Lederer mit «Grusel, Glaube und Genie – Gotik!» dar­an, uns diese Kunstepoche näherzubringen. Zusammen mit Ex­per­ten erzählt sie im Film von der Innovationskraft dieser Zeit. Buchdruck und neue Maltechniken verstärkten die Wirkungskraft des Bildes. Und mit ihren Satire-­Drucken, erotischen Gemälden voller fischköpfiger Monster verströmt die Gotik bis heute ihren eigenen Charme: Reiz und Grausen.

Grusel, Glaube und Genie – Gotik! 
Regie: Grit Lederer 
D/B/F 2020, 52 Minuten 
So, 2.5., 16.15 Arte