War er ein Nazi oder nur ein karrierebewusster Mitläufer? Diese brisante Frage stellt Sigrid Faltin an den Beginn ihres Films über Herbert von Karajan (1909–1989). Für beide Thesen findet sie prominente Stimmen, wobei jene überwiegen, die im Dirigenten bis heute einen schüchternen, menschlichen Ästheten sehen.

Auch weitere Klischees hinterfragt die Filmemacherin, deren Dokumentation zum 30. Todesjahr des Salzburgers entstand. Erhellend sind vor allem Erinnerungen zweier Frauen, die dem Maestro nahestanden. Geigerin Anne-Sophie Mutter erzählt in gewohnt direkter Art von ihrem Mentor. Lore Salzburger betreute und behütete Karajan jahrzehntelang als Sekretärin. «Ich fuhr all seine Autos!», lacht die wackere Seniorin und wartet mit weiteren Schmankerln auf.

Natürlich kommt auch der Porträtierte selbst zu Wort, wobei die meisten dieser Interview-Ausschnitte bekannt sind. Lohnend ist der Film wegen des Wiederhörens von Karajans musikalischen Stationen.

Karajan – Porträt eines Maestros
Regie: Sigrid Faltin, D 2018
So, 22.9., 22.25 Arte