Wer Familie Turajlic besucht, klingelt dreimal – auch Jahrzehnte, nachdem dieses Zeichen im kommunistischen Jugoslawien Freunde von den Geheimpolizisten unterschied, die nur einmal klingelten. Es ist eines von vielen Details, welche die Filmemacherin Mila Turajlic in «The Other Side Of Everything» einfängt. Ihr eindringlicher Dokfilm ist Porträt der Familien­wohnung in Belgrad und serbische Geschichtsstunde in einem. Die beiden verschlossenen Türen im Wohnzimmer erzählen von Zimmer-Enteignungen 1946. Der Blick durch den Türspion erinnert an Momente des Misstrauens: während der Tito-­Ära, während des Krieges 1991. Ruhigen Bildern stellt Turajlic Gespräche mit ihrer Mutter gegenüber, die in der Wohnung lebt. Die einstige Friedensaktivistin und Milosevic-Gegnerin Srbjianka Turajlic wird heute von den serbischen Nationalisten bedroht. Dies scheint sie ­wenig zu kümmern – sie weiss, wann sie die Haustür öffnen darf.  

The Other Side Of Everything 
Regie: Mila Turajlic
SRB/F 2017, 103 Minuten 
Di, 17.3., 00.15 Arte