Alles beginnt mit unsäglicher Wut. Johanna will ihre virusbefallene Mutter auf der Intensivstation besuchen, was ihr verweigert wird. Die lebensfrohe alte Dame stirbt den einsamen Tod vieler Corona-Opfer. Einen Postkartengruss ihres einstigen Philosophie-Professors Max nimmt Johanna zum Anlass für einen Wutbrief von geballter Wucht. Der erfolgreichen Redaktorin entgleiten dabei nicht nur die Gefühle, sondern auch die Worte. Max reagiert mit weiteren Karten, deren Kunstmo­tive Johanna zur Analyse ihrer Wut anregen sollen.

Thea Dorn (50) ist selbst Journalistin und Literaturkritikerin, unter anderem leitet sie «Das ­literarische Quartett» im ZDF. Zudem schreibt sie Romane und Stücke mit philosophischem Tiefgang. Wer ihr neues Buch zu lesen beginnt, stockt: Schreibt da eine Corona-kritische Wutbürgerin? «Ich will das Leid nicht ‹Schicksal› nennen müssen, ich will es ‹Unrecht› nennen dürfen», zetert Johanna, die ihre Rage dann in eine Suche nach Trost umzulenken versucht und sich dem Philosophieren hingibt. Ihre verzweifelten und drängenden Fragen leitet sie an Sokrates, Platon oder Seneca weiter. Und in deren Schriften findet sie tatsächlich Ansätze von Trost.

Dorns Büchlein ist eine anregende Lektüre in Zeiten existenzieller Herausforderungen. Die Autorin bringt komplexe Denkmuster auf den Punkt. In ihrem Drang zur Vereinfachung rutscht sie zuweilen aber in eine saloppe Sprache ab.

Thea Dorn
Trost – Briefe an Max
176 Seiten
(Penguin 2021)