Die zwei Kinder der Familie Scherrer wurden von Einbrechern im Schlaf umgebracht. Die Eltern merkten nichts: «Es fühlte sich alles surreal an, als wäre ich im richtigen Leben eingeschlafen und in einem Horrorfilm aufgewacht.» Dies ist ­ die Ausgangslage von Christine Brands neuem Krimi, der auf einem wahren Fall beruht. Brand war langjährige Gerichtsreporterin der «NZZ am Sonntag». 

«Beide Kinder wurden massiv fixiert, wahrscheinlich indem der Täter den Rumpf umklammert hat, und daran gehindert, sich zu wehren.» Es ist dieser ­unaufgeregte Ton über eine schreckliche Tat, der sich dem Leser einbrennt. Über weite Strecken zeichnet der Krimi verschiedene Verhöre nach. Jeder Stein wird umgedreht, es kommen Nachbarn, Liebschaften und weitere Zeugen zu Wort. Wahrnehmungen und Fakten, Erinnerungen und Ermittlungsergebnisse vermischen sich.

Obschon man bald weiss, wer es war, ist das Buch ein Pageturner. Es hat seine Stärken dort, wo es auf die schier endlose Reihe der Verhöre fokussiert. Schwach sind die hauruckartige Auflösung und die Rechtfertigung des sonst funktionslosen Pflicht­verteidigers: «Einen wegen Mordes angeklagten Menschen zu verteidigen bedeutet nicht, die Tat gutzuheissen oder sich mit dem Täter zu identifizieren. Es bedeutet einzig, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und zu verteidigen.» Diese Passagen fallen ab vom Rest und kommen daher wie in einem schlecht inszenierten TV-Krimi.

Buch
Christine Brand 
Bis er gesteht
224 Seiten 
(Kampa Verlag 2021)