Louis Chabos wächst Ende des 18. Jahrhunderts in einem Waisenhaus in Mailand auf. Er wurde dort als Säugling abgegeben – samt Kostgeld für 18 Jahre. «Ein Franzosenbalg. Von der Mutter schon vor der Geburt fürs Waisenhaus bestimmt. Oder vom Vater.» Der schmächtige Junge hats nicht leicht. Er wird verhöhnt und geschlagen. Mit zwölf Jahren tritt er in die Dienste eines italienischen Marchese. Dieser lehrt ihn, sich nicht unterkriegen zu lassen. Doch bald stirbt er, Louis muss zurück ins Heim, büxt aus – und zieht mit Napoleons Armee nach Russland in den Krieg. Glücklos auch da, möchte er seinem Leben ein Ende setzen. Doch er wird sich anders besinnen und sich auf den Weg nach seinen Wurzeln machen. In Graubünden kommt er dem Geheimnis seiner Herkunft näher, findet ein Zuhause und Anerkennung. Doch er will seinen Vater kennenlernen und reist nach Paris. Nach seinem Roman «Der Halbbart» bleibt Schriftsteller und Drehbuchautor Charles Lewinsky wieder in der Welt der rauen Gesellen. «Sein Sohn» siedelt er in einer Zeit an, als sich nach der Revolution etliche blaublütige Franzosen inkognito fern ihrer Heimat aufhielten. So auch Louis-Philippe, der Herzog von Orléans. Dieser zeugte in der Schweiz einen Sohn, der in Mailand aufwuchs. Von dieser wahren Begebenheit hat sich Lewinsky inspirieren lassen, um über die Nöte eines Menschen zu erzählen, der sich auf der Suche nach seiner Herkunft verliert. Ein wunderbares Buch, das trotz aller Tragik genussvoll zu lesen ist.

Charles Lewinsky
Sein Sohn
368 Seiten (Diogenes 2022)