Es ist kaum auszuhalten, was da gesagt wird – oder verschwiegen. Wie so oft bei Peter Liechti (1951–2014) stellt sich auch bei diesem Film die Frage, warum er sich das antut. Dieses Thema, diese existenziellen Fragen und das Freikratzen von Antworten.

Man erinnert sich an «Hans im Glück» (2003), wo Liechti seine Raucher-Entwöhnung in drei selbstkasteiend zelebrierten Versuchen dokumentierte. An «The Sound Of Insects» (2009), die eindringliche Bebilderung des letzten Tagesbuchs eines lebensmüden Japaners, der sich im Wald zu Tode hungerte.

Verglichen damit ist «Vaters Garten» (2013) geradezu leichte Kost – müsste man meinen. In seinem 18. Dokfilm porträtiert Liechti seine Eltern, die seit über 60 Jahren zusammenleben, zu denen er den emotionalen und intellektuellen Kontakt aber längst verloren hat, deren Welt er nicht (mehr) versteht. Für den Film hat er sich ihnen wieder angenähert, hat lange Gespräche geführt, Fragen gestellt und Antworten erhalten. Einige waren derart verstörend, dass Liechti ins Zweifeln geriet, wie er sie in seinen Film einbetten sollte. Er wählte einen Kunstgriff, liess brisante Zitate nachsprechen von Schauspielern – und Hasenpuppen.

«Vaters Garten» ist auch fünf Jahre nach Entstehung und vier Jahre nach Liechtis Tod ein packender Film. Als Sittenbild einer aussterbenden Generation und eines Weltbildes, das allem seine Ordnung und allen ihren Platz gab. Als anrührender Selbstfindungsversuch eines Künstlers, der selbst in diesem komplizierten, weil privaten Setting ein Suchender, Fragender und hochkreativ Gestaltender war, der die nötige Distanz zu bewahren wusste: grosses Kino.

Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern
Regie: Peter Lichti
CH 2013, 94 Minuten
Mo, 19.2., 22.25 3sat