Autor Harris rekapituliert aus der Sicht von zwei fiktiven Zeitzeugen die Münchner Ereignisse. Im Mittelpunkt stehen der junge ehrgeizige Beamte im Foreign Office, Hugh Legat, und der preussische Aristokrat Paul von Hartmann, der im deutschen Aussenministerium tätig ist und die Nationalsozialisten hasst. Die beiden kennen sich seit der gemeinsamen Studienzeit in Oxford.

An der Münchner Konferenz in Harris’ Version will von Hartmann seinem früheren Freund ein Dokument zukommen lassen, das die Briten über die Absichten der Hitler-­Regierung informiert, um damit einen Krieg zu provozieren. In diesem Fall würde nämlich die deutsche Wehrmacht gegen das Unrechtsregime putschen, da sie einen neuerlichen Waffengang, 20 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, ablehnt.

Harris vermittelt der Leserschaft die damalige politische Stimmung plausibel: etwa in der Konservativen Partei, die nichts so sehr fürchtete wie ­einen neuen Krieg. So lässt Harris Premierminister Neville Chamberlain sagen: «Es scheint mir, wir hätten nichts vom Kriegsausbruch 1914 gelernt. Wir sollten erneut wegen eines anderen Landes in einen Krieg hineingezogen werden.» 

Umstrittene Rolle der Briten
Die Kriegslogik 1938 lautete, dass Frankreich im Fall eines deutschen Angriffs der Tschechoslowakei beistehen sollte, was wiederum eine Unterstützungspflicht der Briten zur Folge hätte: «Keiner würde einen solchen Krieg verstehen», folgert Chamberlain. 

Der 60-jährige Robert Harris unterhält seine internationale Leserschaft seit Jahren mit populären historischen Büchern. Er schaffte 1992 den Durchbruch mit dem dystopischen Roman «Vaterland». 

Buch
Robert Harris
«München»
432 Seiten 
(Heyne 2017).