Unheilschwanger ist auf den ersten Seiten von der «Katastrophe» die Rede, welche die Familie Goldman aus Baltimore heimsuchen wird. Saul ist ein erfolgreicher Anwalt, seine Frau Anita eine tüchtige Ärztin, Sohn Hillel hochbegabt und das geliebte Pflegekind Woody ein begnadeter Footballspieler. Der junge Ich­Erzähler Marcus, Hillels Cousin, bewundert die Familie über alle Massen: ihren Reichtum, ihren Erfolg, ihre Smartness. Jede freie Minute will er mit der «Goldman-Gang» verbringen. Erst als die hübsche Alexandra dazustösst, entstehen Risse im Freundschaftsbund. Und schliesslich bricht ein Unheil nach dem andern über die Familie herein, bis vom Glanz nichts mehr übrig bleibt.

Joël Dicker lässt den bereits aus seinem ersten Erfolgsroman bekannten Ich-Erzähler auf die Ereignisse in seiner Jugend zurückblicken: Im Jahr 2012 ist Marcus ein erfolgreicher Autor und will die Vergangenheit schriftlich festhalten. Geschickt verzweigt Dicker die beiden Zeitebenen. Allerdings wiederholt er sich, und die repetitive Ankündigung auf die Katastrophe oder die Beschreibungen des goldmanschen Reichtums wirken ermüdend. Dennoch entwickelt der Roman im letzten Teil einen gewissen Sog. Dicker wartet mit inhaltlichen, manchmal etwas gar dick aufgetragenen Überraschungen auf. Die Sprache allerdings entbehrt jeglicher Finesse, sie ist platt, die Vergleiche sind abgegriffen. Der Genfer Literaturstar Joël Dicker, der weltweit rund drei Millionen Exemplare seines Buchs «Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert» verkauft hat, kann mit diesem Roman nicht überzeugen.    

Joël Dicker
«Die Geschichte der Baltimores»
512 Seiten
(Piper 2016).